Bolzenschweißen – Verfahren, Technik und Anwendungen in der modernen Fertigung
Einleitung
Das Bolzenschweißen zählt zu den wichtigsten Fügetechniken im modernen Metallbau, Maschinenbau, Fahrzeugbau und in der Elektrotechnik. Es ermöglicht die dauerhafte, hochfeste Verbindung von Bolzen, Gewindestiften oder anderen metallischen Verbindungselementen mit einem metallischen Werkstück – ohne zusätzliches Bohrloch oder Muttergewinde.
Dieses Verfahren kombiniert Präzision, Geschwindigkeit und Wirtschaftlichkeit, weshalb es weltweit in der industriellen Serienfertigung, im Stahlbau und in der Automobilproduktion eingesetzt wird.
Im folgenden Artikel wird das Bolzenschweißen umfassend erklärt – von den physikalischen Grundlagen über die verschiedenen Verfahrenstypen bis hin zu praxisrelevanten Anwendungsbeispielen, Qualitätsanforderungen und sicherheitstechnischen Aspekten.
1. Grundlagen des Bolzenschweißens
1.1 Was ist Bolzenschweißen?
Bolzenschweißen ist ein Lichtbogenschweißverfahren, bei dem ein metallischer Bolzen mit einem Werkstück aus Metall stoffschlüssig verbunden wird. Dabei wird der Bolzen durch einen Lichtbogen an seiner Kontaktfläche angeschmolzen und anschließend mit Druck auf das Werkstück aufgesetzt. Nach dem Erstarren des Schmelzbades entsteht eine feste, homogene Verbindung.
Im Gegensatz zu klassischen Schweißverfahren wird beim Bolzenschweißen kein Zusatzwerkstoff benötigt. Der Bolzen selbst dient als Bestandteil der Verbindung. Das Verfahren eignet sich besonders zur schnellen Befestigung von Bolzen, Stiften, Buchsen und ähnlichen Elementen.
1.2 Historische Entwicklung
Die Geschichte des Bolzenschweißens reicht bis in die 1930er-Jahre zurück. Ursprünglich wurde das Verfahren in den USA entwickelt, um Schiffsrümpfe effizienter zu fertigen. Durch den Zweiten Weltkrieg erlebte es eine rasche technische Weiterentwicklung und Verbreitung, insbesondere im Bereich des Schiff- und Brückenbaus.
In Deutschland wurde das Bolzenschweißen ab den 1950er-Jahren industriell etabliert. Mit der Entwicklung der Kondensatorentladungstechnik in den 1960er-Jahren konnte das Verfahren weiter miniaturisiert werden – was neue Einsatzfelder in der Feinmechanik und Elektrotechnik eröffnete.
2. Physikalische Grundlagen
Beim Bolzenschweißen wird elektrische Energie genutzt, um einen Lichtbogen zwischen dem Bolzenende und der Werkstückoberfläche zu zünden. Die dadurch entstehende Hitze (bis zu 3000 °C) schmilzt die Kontaktflächen beider Komponenten auf. Anschließend wird der Bolzen durch Feder- oder Gasdruck in die Schmelze gedrückt, wodurch die Verbindung entsteht.
2.1 Energieumwandlung
Die zentrale Energiequelle ist der elektrische Strom. Abhängig vom Verfahren (Kurzzeit- oder Hubzündungsverfahren) kommen Gleichstromquellen oder Kondensatorentladungen zum Einsatz. Dabei gilt: Q=U×I×tQ = U \times I \times tQ=U×I×t
wobei
- QQQ die zugeführte Energie (Joule),
- UUU die Spannung (Volt),
- III der Strom (Ampere), und
- ttt die Schweißzeit (Sekunden) ist.
Diese Energie bestimmt, wie stark und wie tief der Werkstoff aufschmilzt.
3. Arten des Bolzenschweißens
Es gibt mehrere Varianten des Bolzenschweißens, die sich in Energiequelle, Zündmechanismus und Anwendungsbereich unterscheiden. Die wichtigsten sind:
3.1 Hubzündungs-Bolzenschweißen (Lichtbogen-Bolzenschweißen)
Dies ist das klassische Verfahren für mittlere bis große Bolzendurchmesser (3–25 mm). Der Bolzen wird in einer Halterung (Brenner) positioniert und durch eine Hubmechanik kurz vom Werkstück abgehoben. Anschließend wird ein Lichtbogen gezündet, der beide Oberflächen aufschmilzt. Nach einer festgelegten Zeit drückt die Mechanik den Bolzen in die Schmelze zurück.
Merkmale:
- Schweißzeit: 5–100 ms
- Schutzgas oder keramischer Ring erforderlich
- Hohe Festigkeit
- Für Stahl, Edelstahl, Aluminium geeignet
3.2 Kurzzeit-Bolzenschweißen
Beim Kurzzeitverfahren (auch Kondensatorentladungs-Bolzenschweißen) wird die Energie in einem Kondensator gespeichert und innerhalb von wenigen Millisekunden entladen. Der Bolzen berührt das Werkstück zunächst direkt. Durch einen elektrischen Kurzschluss wird der Kontaktbereich blitzartig aufgeschmolzen.
Merkmale:
- Schweißzeit: 1–3 ms
- Kein Schutzgas erforderlich
- Geringe Wärmeeinflusszone
- Ideal für dünne Bleche (<3 mm)
Dieses Verfahren ist besonders in der Elektrotechnik und Blechverarbeitung beliebt, da es eine fast verzugsfreie Verbindung ermöglicht.
3.3 Spitzenzündungs-Bolzenschweißen
Dieses Verfahren nutzt eine speziell geformte Bolzenspitze. Beim Zünden schmilzt die Spitze durch den Stromfluss ab, wodurch ein kleiner Lichtbogen entsteht, der den Schmelzprozess einleitet.
Merkmale:
- Geringe Schweißzeit (0,5–3 ms)
- Keine Hubmechanik notwendig
- Ideal für kleine Bolzen (bis 8 mm)
- Besonders geeignet für automatisierte Anlagen
3.4 Bolzenschweißen mit Schutzgas
Hierbei wird während des Schweißvorgangs ein Schutzgas (meist Argon oder Helium) zugeführt, um die Schweißzone vor Oxidation zu schützen. Diese Variante wird häufig bei rostfreien Stählen und Aluminium verwendet.
Vorteile:
- Oxidfreie Schweißnaht
- Verbesserte Oberflächenqualität
- Keine keramischen Ringe erforderlich
3.5 Automatisiertes Bolzenschweißen
In der modernen Industrie wird Bolzenschweißen zunehmend robotergestützt eingesetzt. Mit CNC- oder Robotersystemen können Bolzen automatisch positioniert und geschweißt werden. Dies garantiert hohe Präzision und Wiederholgenauigkeit – entscheidend etwa in der Automobilproduktion oder im Schienenfahrzeugbau.
4. Werkstoffe beim Bolzenschweißen
Nicht alle Materialien eignen sich gleichermaßen für das Bolzenschweißen. Typischerweise kommen folgende Werkstoffe zum Einsatz:
| Werkstoff | Bemerkungen |
|---|---|
| Baustahl (S235, S355) | Gute Schweißeignung, Standard im Stahlbau |
| Edelstahl (A2, A4) | Korrosionsbeständig, Schutzgas empfohlen |
| Aluminiumlegierungen (AlMg3, AlSi5) | Gute Leitfähigkeit, spezielle Bolzen nötig |
| Kupferlegierungen | Nur mit angepassten Parametern |
| Titan | Hochfeste, aber empfindliche Werkstoffe, Schutzgas erforderlich |
5. Vorteile des Bolzenschweißens
Das Bolzenschweißen bietet zahlreiche technische und wirtschaftliche Vorteile:
- Hohe Geschwindigkeit – bis zu 30 Bolzen pro Minute.
- Keine Vorbohrungen oder Muttern nötig – reduziert Arbeitsschritte.
- Hervorragende Festigkeit – die Verbindung ist metallisch und dauerhaft.
- Geeignet für beschichtete oder dünne Bleche.
- Automatisierbar – ideal für Serienfertigung.
- Geringe Wärmeeinflusszone – kaum Verzug des Materials.
- Saubere Optik – keine sichtbaren Schweißnähte auf der Gegenseite.
6. Anwendungen des Bolzenschweißens
Das Verfahren ist in vielen Industriezweigen unverzichtbar geworden:
6.1 Fahrzeugbau
Bolzenschweißen wird in Karosserieteilen, Halterungen, Abgasanlagen und Innenraumkomponenten eingesetzt. Durch robotergestützte Systeme werden täglich Millionen Bolzen in Fahrzeugkarosserien geschweißt.
6.2 Bauwesen und Stahlbau
Im konstruktiven Stahlbau werden Schweißbolzen beispielsweise zur Verbindung von Stahlträgern und Betonplatten (Verbundbauweise) verwendet. Hierbei müssen die Anforderungen der Norm EN ISO 14555 eingehalten werden.
6.3 Elektrotechnik
In Schaltschränken und Gehäusen dienen geschweißte Bolzen der Befestigung von Kabelhaltern, Platinen oder Isolatoren – oft durch Kondensatorentladungsschweißen.
6.4 Schiffbau und Luftfahrt
Im Schiffbau ist Bolzenschweißen wegen seiner Dichtheit und Festigkeit wichtig. In der Luftfahrt wird es für leichte Strukturen aus Aluminium eingesetzt.
6.5 Haushaltsgeräteindustrie
Viele Geräte – vom Kühlschrank bis zur Waschmaschine – enthalten geschweißte Bolzen zur Befestigung von Komponenten im Inneren des Gehäuses.
7. Qualitätsanforderungen und Normen
7.1 Wichtige Normen
- EN ISO 14555 – Lichtbogenschweißen von Bolzen
- EN ISO 4063 – Nummerierung der Schweißverfahren
- EN ISO 17668 – Prüfverfahren für Schweißbolzen
- DIN EN ISO 13918 – Maße und Formen von Bolzen
Diese Normen regeln die Anforderungen an Bolzen, Werkstücke, Prüfverfahren und Qualitätskontrollen.
7.2 Prüfverfahren
Die Qualität der Schweißverbindung wird durch verschiedene Prüfungen überprüft:
- Zerstörende Prüfungen: Zugversuch, Biegeversuch, Scherzugversuch
- Zerstörungsfreie Prüfungen: Sichtprüfung, Magnetpulverprüfung, Ultraschallprüfung
Die Prüfungen stellen sicher, dass keine Risse, Poren oder unzureichende Verschmelzungen vorliegen.
8. Wirtschaftliche Aspekte
Bolzenschweißen ist eines der kosteneffizientesten Schweißverfahren. Die Prozesszeit pro Verbindung beträgt nur wenige Millisekunden, wodurch hohe Stückzahlen realisierbar sind. Zudem reduziert sich der Material- und Arbeitsaufwand erheblich, da keine Bohrungen, Muttern oder Schrauben erforderlich sind.
Automatisierte Anlagen amortisieren sich oft innerhalb kurzer Zeit, insbesondere bei Serienproduktionen mit tausenden Bolzenverbindungen pro Schicht.